Conscious Finance – Das geht!

Story vom 06. September 2018
Klemens Höppner, CFA
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Banken und Finanzdienstleister werden gerne als Inbegriff des Kapitalismus dargestellt. Wenn etwas schiefläuft, dann sind schnell die Finanzhaie, die gierigen oder machthungrigen Banker oder die provisionsgetriebenen Finanzmakler als die Schuldigen ausgemacht.


Kürzlich, auf einem Vortrag zu „Ethik und FinTech“ diente ein Bild von Urinalen im Commerzbank Hochhaus in Frankfurt als Sinnbild: Jedermann, der sich dort erleichtert, hat einen exklusiven Blick auf die Skyline Frankfurts – also auch auf die Gebäude der Konkurrenz, so die Schlussfolgerung des Vortragenden.


Die Ironie: Viele der Banker und Finanzdienstleister, mit denen ich es bisher zu tun hatte – vom Kundenberater bis zum Vorstand der Großbank – wollten mit ihrer Arbeit einen positiven Beitrag jenseits von Profitmaximierung leisten. Die Frage war häufig nur: Wie?


Lange schien die Antwort: Dann geh doch zu den Genossenschafts- oder Öko-Banken… Oder in die Entwicklungshilfe. Aber das ist nicht für jeden.


Conscious Capitalism, Conscious Business – Eine Bewegung bildet sich


Dann präsentieren wir Anfang Juli auf der Conscious Capitalism Conference in Barcelona und ich finde gleich vier Finanzinstitute vertreten: Zwei große europäische Institute, die DKV Seguros und die BBVA, sowie die First Bank of Nigeria und The Motley Fool.


Was haben sie alle gemein? Den Willen, die Arbeits- und Finanzwelt besser zu gestalten und so zum allgemeinen Wohlbefinden beizutragen. Und ein paar Antworten, wie das gehen kann.


Mit den Mitarbeitern beginnen!

Die Mitarbeiter machen jedes Unternehmen aus. Ohne sie gäbe es weder Unternehmen noch Dienstleistung oder Produkt. Sie sind es, die die Kultur des Unternehmens lebendig gestalten oder sich ausklinken.


Werden sie in die Entwicklung der Unternehmenskultur aktiv einbezogen, in die Verantwortung genommen? Und bringen sie sich ein, übernehmen Verantwortung?

Antoni Ballabriga von der BBVA berichtete, wie die Mitarbeiter an einer groß angelegten Werteinitiative teilnehmen und präsentierte stolz einen Pass, in dem sie sich die Stationen der Reise dokumentieren lassen.


Tom Gardner, Gründer von The Motley Fool, berichtet, wie Mitarbeiter, die über die Dauer ihres Urlaubs selbst entscheiden können, nicht an Arbeitsleistung verlieren, sondern an Motivation gewinnen. Mehr noch: Die Mitarbeiter werden finanziell dafür entlohnt, dass sie eine Gehalts­erhöhung beantragen. Selbstverständlich müssen sie diese passend und schlüssig begründen, also Verantwortung übernehmen.


Auch die DKV Seguros begann ihren CSR Prozess unter Einbezug der Mitarbeiter und rangiert seit 10 Jahren unter den „Besten Arbeitgebern“ mit 86% Mitarbeiterzufriedenheit und 92% Employment Commitment Ratio. Tatsächlich sei die Ausrichtung auf ein verantwortliches Geschäftsmodell ein „fantastischer Weg“, um Mitarbeiterengagement und -verpflichtung zu erhöhen – „ganz allgemein und insbesondere in der neuen Generation“. Dort verstärkten sich die Kombination aus verantwortlichem, auf die Stakeholder ausgerichtetem Geschäftsmodell, engagierten und zufriedenen Mitarbeitern und besseren Geschäftsergebnissen in einem virtuous circle, einem sich selbst verstärkenden positiven Kreislauf.


Stakeholder werden Partner auf Augenhöhe

Ibukun Awosika, Chairman der First Bank of Nigeria und mehrfach ausgezeichnete Unternehmerin, stellt ganz aktuell die Einbettung der Unternehmen in die Gemeinschaft heraus: Wenn unsere Nachbarn ein Problem haben, haben wir alle ein Problem. Und dann ist es nutzlos höhere Zäune zu bauen, wenn wir stattdessen einander helfen sollten, nachhaltiges und besseres Wohlbefinden für alle zu erschaffen.


Die deutsche Quirin Privatbank macht es seit ihrer Gründung vor: Anstatt die eigenen Profite über mehr oder weniger verdeckte Provisionen mit entsprechenden Interessenkonflikten zu maximieren, setzte sie 2006 von Anfang an auf Honorarberatung, Transparenz und Vertrauensbildung. Und gewinnt so mitten in der Finanzkrise neue Kunden.  


Miguel Garcia sagt ähnliches über die DKV Seguros. Ein entscheidender Schritt war “Doing away with selling no matter what.” Die langfristige Beziehung steht im Mittelpunkt. Nicht nur zu den Kunden, sondern zu allen wichtigen Stakeholdern. Dazu gehört ein offener, vertrauens-basierter Dialog über strategische Dilemma genauso wie die permanente Überprüfung, welche Auswirkungen die eigenen Entscheidungen auf die Stakeholder haben.


Ganz praktisch: Macht birgt Verantwortung

Es gäbe noch viel zu schreiben, zum Beispiel über Conscious Leadership oder die Implementierung einer Kultur, die sich an einem höheren Sinn ausrichtet. Angesichts der Probleme und Risiken, die uns dieses Jahr so deutlich vor Augen führt (Rekordsommer & Klimawandel, Migrantentragödie und Welterschöpfungstag schon am 1.8. – in den 70ern war es noch der 29.12.), schließe ich mit der Antwort von Miguel Garcia auf meine Frage: „Wie können wir mit Macht umgehen – verantwortungsvoll?“


Er schreibt: „Große Unternehmen haben viel Macht in der heutigen Welt und damit auch viel Verantwortung. Wenn wir uns der Rolle bewusst sind, die wir einnehmen können und sollten, um die Gesellschaft und die Welt, in der wir leben, zu verbessern, welchen Grund gibt es, das nicht zu tun?“


Was ist Ihr nächster Schritt auf diesem Weg? Wie können und wollen Sie beitragen, den Finanzsektor bewusster zu gestalten? Als Kunde, Mitarbeiter, Führungskraft, Stakeholder?